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Die Erprobungsstelle Rechlin

Im Jahre 1926, nur kurz nach dem katastrophal verlorenen Ersten Weltkrieg, gab es in Deutschland noch Leute, die meinten, an einem Krieg sei immer noch nicht genug verdient worden. Schon 1916 während des Krieges gab es hierzu Planungen. Eine Erprobungsstelle ("Flieger-Versuchs- u. Lehranstalt") für Kriegszwecke sollte eingerichtet werden, vor Kriegsende kam es aber nicht dazu.Ab etwas 1922 arbeiteten interessierte Rüstungs- und Militärkreise mit der damals noch jungen Sowjetunion zusammen, um die Beschränkungen des Versailler Vertrages (Entwicklungs- und Bauverbot für alle Flugzeugarten) zu umgehen.

Die Nazis begannen unmittelbar, nachdem sie an der Macht waren, mit dem massiven Ausbau unter Einbeziehung des Flugplatzes Lärz. Bis 1945 entstanden immer mehr Gebäude, zum Schluß mit einer Fläche von insgesamt 190 Hektar.

In den letzten Kriegsjahren kam es auch zum Einsatz von KZ-Häftlingen aus dem KZ Ravensbrück. Viel Energie (und Geld) floß in die Entwicklung immer neuer Waffen für die Wehrmacht. Hier fanden Tests u.a. mit dem ersten Strahlflugzeug der Welt (He 178) statt. Vorrang für alle Entwicklungen hatte stets die militärische Brauchbarkeit.

In der Endphase des 2. Weltkriegs kam es noch zu ein paar Einsätzen gegen die näherrückende Rote Armee, bis dann die Erprobungsstelle am 02.05.1945 durch diese dann übernommen wurde.

Die Rote Armee nutzte den Platz für ein Jagdbombergeschwader der GSSD. Auch ein Hubschraubergeschwader war in Rechlin zeitweise stationiert. Mit dem Abzug der sowjetischen Truppen im März 1993 endete die militärische Nutzung des riesigen Geländes. In einem kleinen Teil von Rechlin-Nord befindet sich z.Zt. noch ein Bundeswehrdepot. Der Flugplatz Lärz ist seit 1994 wieder zivil genutzt. Von den umfangreichen baulichen Anlagen wurden Wohnhäuser z.T. durch die Einwohner weiter genutzt, vieles befindet sich jetzt im Eigentum eines Luftfahrtmuseums (etwas nördlich von den Ruinen), und sehr viel wurde auch abgerissen.

Der heutige Zustand ist fast noch schlimmer als z.B. die Ruinen von Beelitz. Hier konnten sich mangels jeglicher Absperrung Generationen von Vandalen austoben, es gibt auch Hinweise dafür, dass in einigen Gebäuden Drogenkonsumenten gehaust haben. Wer hier noch was mutwillig zerstören will, müßte schon mit einem Panzer durch die letzten fünf oder sechs Gebäude hindurchfahren. Es gibt zahllose Löcher in Fußböden und Decken, eingestürzte Dächer und teilweise eingestürzte Räume buchstäblich in jedem Haus. Jeder Schritt sollte gut bedacht sein. Alles oberhalb vom Erdgeschoß ist - genau wie die Keller - wohl eher nicht mehr zu betreten.

Langes Gebäude mit zwei kurzen Seitenflügeln, also eigentlich architektonisch gar nichts besonderes.

Irgendjemand hat hier auch viele Tonnen Müll abgeladen.

Die Wandmalereien sind nur zum Teil aus jüngerer Zeit.

Gelegentlich findet man Reste von Schutzausrüstungen, wie diesen Chemie-Handschuh.

Die Fußböden sehen schon im Erdgeschoß recht übel aus. Jenseits der Korridore (= Betonfußboden!) würde ich hier keinen Schritt hineinsetzen.

Eine Zeitlang scheinen sich hier auch Obdachlose aufgehalten zu haben. Aber ohne Fenster ist auch das hier keine wirklich brauchbare Unterkunft.

Manche Rahmen sind zu Staub zerfallen, manche sehen wie neu aus, da gab es wohl deutliche Unterschiede in der Materialqualität.

Vergittert mit einer Baustahlmatte, und fertig. Schmucklos und wirkungsvoll.

Auf einige selbstgebaute Türen kamen einfachste Beschläge.

Eher minusbegabte "Künstler" tobten sich auch hier aus.

In sowjetischen Kasernen findet man erstaunlich oft Reste von Gardinen.

In vielen Räumen scheint jemand schon Fenster-Teile ausgebaut zu haben: sonst stünden die nicht so ordentlich aufgereiht an der Wand.

In diesem Korridor fanden wir ein paar Jahre später viel schönere Motive (Video folgt!).

Eines der zahlreichen Löcher in den diversen Fußböden.

Eine Lampe mit Porzellan als Isolator, dürfte daher noch recht original gewesen sein. Das Isolierband freut die Elektrofachkraft!

Hier lösen sich die Ziegel auf, und die Querträger aus Beton haben auch schon ziemlich deutliche Schäden.

Wenn die Kontruktion nachgibt, ist das Betreten nicht mehr ratsam. Die Aufnahmen stammen aus 2016 - wir waren 2019 noch einmal dort, da war eine Menge eingestürzt.

Eine Veranda am Kasino.

Im Kasino geben die Wände auch langsam nach. Der Träger im Hintergrund (unterer Bildrand) sackt langsam ab. Ein Statiker kriegt hier graue Haare.

Die Veranda ist holzgedeckt. Die Balken sind verrottet, nur ein paar senkrecht stehende Stützen sehen noch ganz gut aus. Interessant wieder die Übermalung mit Farbtönen, wie wir sie überall in ehemaligen Liegenschaften der GSSD vorfanden (braun, grün, hellblau ...).

Die uralten Lampenkästen rosten aus den Halterungen.

Installationen aus Gußeisen sind fast unzerstörbar. Man beachte die fast zentimeterdicke Schicht der verschiedenen Anstriche!

Kasino und Küchentrakt: man kann beide Gebäude heute nicht mehr gefahrlos betreten; 2019 haben wir uns jedenfalls nicht mehr reingetraut. Der Verfall geht jetzt ziemlich schnell.

Eingang zu einem Nebengebäude, das sah auch aus wie eine Art Küche.

Ein Unterkunftsgebäude etwas weiter südlich.

So ein Muster im Ziegelmauerwerk sahen wir noch nicht oft.

Eine Wandnische in einem kleineren Gebäude, eventuell eine Offiziers-Unterkunft.

Reste einer Jalousie ...

Hier an den Wänden findet sich das typische Grün, wie es die Rotarmisten damals oft verwendeten.

Nahaufnahme vom "Russen-Grün" und von einigen eingeritzten Namen.

Hier ging es aus der Küche direkt auf den Balkon.

Ein dunkler Raum mit einem Wanddurchbruch und einer seltsam umgestalteten Tür.

Die üblichen Hock-Klos fanden sich hier wie überall.

In manche Wände waren Löcher geschlagen. Vermutlich haben hier Paintballer gespielt, obwohl es keine wahrnehmbaren Farbkleckse gab.

Blick im Treppenhaus zum Dach: hier hat Wasser jahrelang freien Eintritt gehabt, deswegen würde ich eine darunter liegende hölzerne Treppe nicht mehr betreten.

Manchmal kann man den Treppen schon von unten ansehen, dass sie wohl nicht mehr tragfähig sind.

Ein weiterer Korridor in einem Seitenflügel und ...

... daraus dann der Blick in den Innenhof.

Auf dem Weg nach oben.

Unten im Innenhof sieht man, wo das Wasser jahrelang das Mauerwerk durchfeuchtet.

Das kleine Wirtschaftsgebäude neben der Unterkunft. An der Laderampe ist eine Türöffnung zugemauert.

Irgendein Idiot wollte sich hier Entsorgungskosten sparen. Das wird dann irgendwann die Allgemeinheit aus Steuern für diesen asozialen Schwachkopf bezahlen müssen.

Die Giebelform ist typisch für viele Bauten aus der NS-Zeit.

Hier lösen sich quadratmeterweise die Deckenverkleidungen ab.

Auch hier im Treppenhaus wieder sehr viel Licht ... das Dach ist fast weg.

Jemand hat die Fliesen (!) erst grau und dann hellgelb übermalt. Die Farbe dürfte schon während der Nutzungszeit wieder hochgekommen sein.

Noch ein kleineres Wohngebäude aus den 30ern. Hier haben vier Familien gewohnt.

Das war ein Gemeinschafts-Bad.

Wie man sieht, fanden die Ruinen eine Zeitlang neue Bewohner.

Unschwer kann man sich vorstellen, dass hier reichlich "bewußtseinserweiternde Substanzen" konsumiert worden sind.

Meine Bilder sind diesmal leider qualitativ nicht so doll. Ein Stativ hatte ich - schön blöd, ich weiß! - vergessen, und nach mehreren Stunden starken Regens war es an dem Tag fürchterlich dunkel. Nicht nur deswegen sind wir 2019 noch einmal wiedergekommen ... das Video folgt!

Karte der noch vorhandenen Ruinen:


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Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL

Unser Videoclip dazu: