16.09.2016 - Wir fahren heute noch nach Lunnabacken, das ist eine ziemliche Strecke, aber durch eine herrliche Landschaft. Leider zieht sich der Himmel immer mehr zu, und es wird auch deutlich kühler. In Lunnabacken stehen wir auf einem kleinen Parkplatz sehr, diese Gegend ist wirklich weitab von der nächsten Siedlung. Hier gibt es ein schon geschlossenes winziges Freilichtmuseum, wo man allerdings noch außen die Häuser betrachten kann.
Im Wald ist es reichlich feucht, offenbar hat es hier noch vor kurzem geregnet. Es geht hier steil bergauf, und wir sind auf den engen Nebenstraßen und Waldwegen ziemlich lange unterwegs gewesen.
Die Wurzeln bilden skurrile Gestalten, sicherlich macht es nachts besonders viel Spaß, mit der Taschenlampe diese Gesichter auszuleuchten ...
Der kleine Hof bietet außen eigentlich nichts Ungewöhnliches: so sehen auch heute noch die kleinen Bauernhöfe in Schweden aus, auch wenn sich kaum noch einer damit hauptberuflich über Wasser halten dürfte.
Die Fenster sind nicht isolierverglast, das ist eigentlich schon der einzige Unterschied zu moderneren Holzhäusern in Schweden.
Interessant sind hier vor allem die uralten Erntemaschinen. Man hat die erstaunlicher Weise draußen gelassen, oder ist noch nicht dazu gekommen, sie wegzuräumen. Wir erinnern uns: die Saison ist ja schon beendet!
Das hier war eine Maschine zum Schotter brechen. Oben die großen Steine rein, unten kam der Schotter dann heraus. Dafür dürfte es einen sehr großen Bedarf gegeben haben: noch heute sind ja viele kleine Nebenstraßen in Schweden lediglich mit Schotter aufgeschüttet und mit Sand etwas geglättet.
Diese "Schottermaschine" war auch was fürs Auge, mit all den gut gerundeten Ecken und in freundlichem Maschinengrün.
Anhand der Schrift könnte man die Maschine vielleicht auch Mitte 19. Jahrhundert einordnen. Die Firma hat es bis mindestens 1947 noch gegeben, ich hab mal recherchiert und stieß auf einen Industriekalender aus diesem Jahr mit dem Eintrag:
Härstedt, Herman A. E., f. 80,
överingenjör, Svedala.
AB. Äbjörn Anderson.
AB. Försökstegelbruket.
(Quelle: Projekt Runeberg)
Offensichtlich hat der Herr Oberingenieur bei den genannten Firmen ("AB" = Aktiebolaget = Aktiengesellschaft) gearbeitet. Vielleicht hat er ja diese Maschinen sogar noch konstruiert?
Nett gestaltet sind auch die Türen. Die Farben sind fast immer aufeinander geschmackvoll abgestimmt. Falunrot mit Schwarz oder Weiß geht allerdings immer!
Der Himmel hat sich nicht mehr geöffnet an diesem Tag, aber wenigstens regnete es nicht. Wäre ja auch nicht schlimm gewesen - dieses Jahr wurden wir ja extrem von der Sonne verwöhnt.
Viele Details erfreuen im Museum den Fotografen, zum Beispiel diese eingesägten Lüftungsöffnungen zwischen zwei Balken einer Scheune.
Ich hielt die langen Reihen erst für Hopfenstangen, aber hier ist ein riesiges Obstanbaugebiet mit viel Apfelbäumen. Hier werden ganz kleine Apfelbäume so lange an Stangen angebunden, bis sie alleine stehen. Vielleicht werden sie dadurch schön gerade? Das erleichtert das Pflücken, man kann sie vielleicht auch dichter zusammenstellen?
Auch hier natürlich wieder farbenprächtige Beeren im Wald, diese hier allerdings sahen so nach Vogelbeere aus. Eher nichts für den leckeren Nachtisch!
Wir fahren am Nachmittag weiter Richtung Ryd. Am Wegesrand - und wir fahren wirklich jetzt die kleinsten Straßen überhaupt! - finden sich gelegentlich so schmucke kleine Häuser wie dieses hier:
Vor Ryd stoßen wir noch auf eine Ruine am Straßenrand. Wir haben bislang noch nicht viele "Lost Places" in Schweden gefunden. Das liegt daran, dass man die meisten verlassenen Häuser nur abseits der Ortschaften findet. Und dort kann man sie durch den Wald nicht sehen von der Straße aus. Dieses Haus machte eine Ausnahme.
Innen lagen Öfen und auch gußeiserne Ofenplatten in der schon eingestürzten Küche.
Die eingestürzte Küche bildete den einzigen Zugang, vorne war ein Vierkantrohr hinter die Tür geschraubt. Es war alles schon sehr vermodert. Die im folgenden Bild zu sehende Tür beispielsweise gab beim Drauftreten ohne ein Geräusch nach - weich wie Torf.
Provisorisch waren einige Fenster zugenagelt worden. Die ursprünglichen Bewohner haben das entweder beim Auszug gemacht, oder es ist jemand verstorben, und ein paar Erben machten sich ans Aufräumen.
Das Haus wirkte im Erdgeschoss wie eine kleine Zeitkapsel. Noch immer standen einige Küchengeräte im Regal neben der Küche. Es war eindeutig, dass hier zuletzt jemand alleine gewohnt haben muss, und auch sicher ziemlich arm gewesen ist.
Manche Sachen waren scheinbar sehr, sehr alt .. zum Beispiel der Karton rechts vorn im Bild.
Einige Möbel gab es noch im Haus, in diesem Raum aber nur einen umgestürzten Schreibtisch. Ob das Vandalen waren, die darin irgendwas suchten? Keine Ahnung! In einem anderen Raum waren stark verschlissene Möbel wie zum Abtransport aufgestapelt. Aber diese Sachen hätte sich ernsthaft niemand dort abholen wollen.
Das ganze Haus war sehr alt und muss schon lange leerstehen. Die Decken im Erdgeschoss hingen durch, deswegen bin ich auch nicht ins Obergeschoss gegangen. Der Treppe traute ich auch nicht recht.
Traurig machten irgendwie die vielen Briefe und Karten, die in einem Zimmer in einem Karton lagen - einige auch im Zimmer verstreut. Die Hälfte davon hatten sich die Mäuse schon gegriffen und zu Nistmaterial zernagt. Über die Geschichte finden wir vielleicht mal mehr heraus: so wie es bis jetzt aussieht, ein alleinstehender Mensch, der nur das abbruchreife Haus mit abgenutzten Möbeln hinterließ. So hat man ein bißchen zusammengeräumt, die Briefe in die Ecke geworfen und das Haus nur pro forma zugemacht. Schade drum!
Hier findet Ihr Lunnabacken:
Zum nächsten Tag unserer Reise hier entlang, bitte: Schweden 2016 - Tag 23 - Der Autofriedhof Kyrkö Mosse