14.09.2016 - Den heutigen Tag hab ich in zwei Artikel geteilt, dieser hier beschäftigt sich ausschließlich mit dem Marinemuseum in Karlskrona. (Zum ersten Artikel hier entlang: Schweden 2016 - Tag 20 - Karlskrona /Stumholmen)
Auf Karlskrona gibt es außer der Kunsthalle und dem Marinemuseum auch viele weitere Sehenswürdigkeiten. Dort finden sich noch das historische Torpedoboot T38, ein Museum für sich, und verschiedene Bade- und Desinfektionshäuser. Diese waren wohl früher für diejenigen Schiffsbesatzungen gedacht, die von längerer Fahrt wiederkamen. Man sollte sich immer daran erinnern, dass Schweden zumindest im Ostseeraum einst zu den führenden Seemächten gehörte und eine entsprechend große Flotte hatte.
Das Marinemuseum ist dagegen nicht sehr groß. Dafür sind die Ausstellungen umso interessanter, hier finden sich jede Menge Modelle, nach denen die Handwerker einst die Schiffe und die umfangreiche Ausrüstung fertigten. Und der Eintritt ist übrigens frei ...!
HMS Bremön ist der letzte Minensucher Schwedens aus den 40er Jahren. Von dieser Baureihe gab es 14 Schiffe. Die Inneneinrichtung ist noch original erhalten, was auch nicht selbstverständlich ist. Gerade Marineschiffe werden üblicherweise fortlaufend modernisiert.
Leider konnte ich auf die Schiffe nicht rauf, denn die Besichtigung ist nur im Sommer möglich. Jetzt - Mitte September! - winterte man die Exponate bereits ein. Damit muss man überall in Schweden rechnen: Ende August ist oftmals Saisonschluß!
Im Innern haben sich die Architekten was einfallen lassen. Es ist wirklich was fürs Auge!
Das allererste U-Boot der schwedischen Marine war das Boot "Hajen" ("Hai"). Es stammt aus dem Jahr 1904 und wurde schon in den 1940er Jahren zum Museums-Exponat.
Jüngeren Baujahrs ist der Sonar-Schleppkörper, mit dem gegnerische U-Boote aufgespürt werden sollten.
Die "Hajen" von Steuerbord vorn gesehen.
Das U-Boot "Neptun" war deutlich größer und wurde 1980 in den Dienst gestellt. Aber schon 1998 erfolgte die Außerdienststellung. Dann wurde es umgebaut und erhielt unter anderem die bequemen Museums-Eingänge. Es liegt seit 2014 in der neuen Ausstellungshalle. Nur die "Wasa", die in Stockholm ein eigenes Museum hat, ist noch größer.
Direkt nebeneinander sieht man den Größenunterschied. Auf der "Hajen" konnten 8 Besatzungsmitglieder nur kurze Fahrten unternehmen und maximal 13 Stunden tauchen, auf der "Neptun" waren 20 Matrosen schon mal einige Wochen zur Aufklärung unterwegs. Die "Hajen" erreichte 40 Meter Tauchtiefe: in den flachen Küstengewässern Schwedens wird das damals sicher ausreichend gewesen sein. Zu ihrer Dienstzeit gab es praktisch keine Möglichkeiten, ein getauchtes U-Boot zu orten oder gar anzugreifen.
Am auffälligsten ist die Zahl der Torpedos. Die "Neptun" besaß sechs Rohre im Bug, die "Hajen" nur eins. Zielgenauigkeit, Zerstörungskraft und Nachlademöglichkeiten werden sich ebenso drastisch unterschieden haben. Leider macht ausgerechnet die Waffenentwicklung in der Menschheit die allergrößten Fortschritte ...
Anhand der Besucher kann man ahnen, dass es sich durchaus um ein größeres Boot handelte. Mit über 1.000 Tonnen Verdrängung (getaucht) war sie etwa ein Drittel größer als "U-995" (Museumsboot in Laboe). Für die flache Ostsee wären größere Boote auch unpraktikabel gewesen.
Sowohl die "Hajen" als auch die "Neptun" haben eigene (schwedische) Wikipedia-Einträge mit weiterführenden Informationen: "Hajen", "Neptun".
Im Innern der "Neptun" ist es relativ geräumig. Allerdings: mit zwei Kameras am Hals und dem Rucksack auf dem Rücken ist das Turnen durch die kreisrunden Schotten so eine Sache. Ich mußte die Kameras erst "durchreichen" und ablegen, dann den Rucksack, dann selbst mit den Füßen zuerst hindurch ... dann alles wieder umhängen ...
In der Zentrale der "Neptun". Hier ist alles sehr gut erhalten und unter Plexiglas gegen Touristen geschützt. So viel Elektronik findet man auf der alten "Hajen" natürlich nicht. Leider kann man das alte Boot von innen nicht besichtigen. Es ist auch derart klein, dass man als untrainierter Mensch überhaupt nicht hineinkäme.
Es war eng, aber doch noch mit auskömmlich Platz.
Die Bildschirme sind mit Folien überzogen und "simulieren" sehr schön ein typisches Bild, wie es der Operator damals gesehen haben dürfte.
Alle Geräte sind hinter Plexiglas versteckt. Viele Touristen drücken, ziehen und zerren ja an allen Knöpfen, Schaltern und Hebeln, bis sie selbst die Technik zerlegten, die einen Kriegseinsatz überstand. Man muss sich nur einmal im "U-995" (Laboe) die ganzen zerstörten Instrumente anschauen ...
Immer noch wird der Tauchvorgang durch jede Menge Hydraulil, Rohrleitungen und Ventile gesteuert. Hier dürfte das weitgehend mit Computerunterstützung gemacht worden sein. Für den Notfall war sicherlich eine rein manuelle Bedienung noch möglich.
Die "Neptun" von achtern. So bequem verlassen die Besucher heute das Boot.
Schon damals gab es die wesentlichen Elemente einer U-Boot-Steuerung. Tiefenruder, Seitenruder, einen geschützten Propeller, der zur Verbesserung der Steuerung direkt auf die Ruder drückt - alles vorhanden. Nur der Kerosinmotor war unpraktisch und wegen der Entzündlichkeit des Brennstoffs bald überholt. Dieselkraftstoff ist einfach sicherer.
Wenn man das Deck so sieht, da werden die Erbauer noch nicht allzuviel Wissen um strömungsgünstige Bauformen gehabt haben. Wir erinnern uns aber: Baujahr 1904!
Rettungsmittel waren scheinbar schon immer "rot-weiß". Dass der "Ring" aber original ist, darf man getrost bezweifeln. So lange hätte bemalter Kork dann doch nicht gehalten.
Die Propellersektion von U "Hajen". Wehe, da wäre ein Lager oder eine Dichtung kaputtgegangen: da kann man von innen wegen des spitz zulaufenden Hecks (und in der Mitte noch die Welle!) garantiert nicht heran.
Ein älteres Exponat zeigt ein Kriegsschiff des 17. Jahrhunderts in der Bauphase. Offensichtlich wird hier im Trockendock gebaut, denn so ist ein Stapellauf ja nicht möglich: nimmt man die seitlichen Stützen weg, so kippt das Schiff. Man kann das Dock aber fluten, dann schwimmt das Schiff auf, die Stützen treiben dann im Wasser und werden problemlos eingesammelt.
Ein altes Modell zeigt einen "Eindecker", wahrscheinlich eine Fregatte. Die Bauzeit kann ich als Laue nur schätzen: weil das Schiff eigentlich nicht üppig verziert ist, würde ich sagen: spätes 18. bis ganz frühes 19. Jahrhundert.
Verschiedene Werkzeuge aus Tau für den Schiffbau. Vieles dürften auch Anschauungsmodelle gewesen sein (siehe 4. von rechts, die Knoten oder in der Mitte die Spleiße).
Viele Knoten werden auf dieser Knotentafel gezeigt. Ich kann sieben davon ... ganz viele Knoten waren damals auch reine Zierde, aber andere hatten einen ganz genau definierten Einsatzzweck.
Detail: Vorderdeck einer Fregatte. Man kann hier mit zwei Geschützen nach voraus feuern, das war erst ziemlich spät bei segelnden Kriegsschiffen möglich.
Reepschläger fertigten auf der Reeperbahn (so hieß die Fabrikanlage) lange Taue für den Segelschiffsbedarf. Dabei begrenzte die Länge dieser Reeperbahn eben auch zugleich die Länge des herstellbaren Taus. Die Reepschlägereien waren im Werftbetrieb folglich die mit Abstand längsten Gebäude überhaupt.
Viel Werkzeug ist hier noch erhalten geblieben. Ich hab ja nun einst ein industrielles Handwerk gelernt, mit den meisten der hier gezeigten Exponate kann ich trotzdem nichts anfangen.
So sahen früher die Schiffbauer aus: wegen der doch schon recht eindrucksvollen Uniform dürfte dies kein gewöhnlicher Arbeiter gewesen sein, sondern schon ein "Leitender Schiffsingenieur" im Marinedienst.
Unter Deck an den Geschützen auf einem Segler. Soviel Licht wie heute dürfte es damals wohl kaum gegeben haben. Es gibt Schilderungen aus der britischen Marine, wonach die Geschützdecks rot gemalt waren, damit man im Gefecht die Blutspritzer nicht so deutlich sieht. Gruselig, aber eben Zeitgeschichte.
Die "Västervik" war ein Torpedoboot der schwedischen Marine. Sie wurde 1997 außer Dienst gestellt. Seitdem ist alles an Bord so geblieben, wie es 1997 von der Besatzung zurückgelassen wurde.
Die "Västervik" trug vorne ein relativ kleines Geschütz.
Die Brücke der "Västervik". Mit den Tarnfarben dürfte sie in den Küstengewässern nur sehr schwer zu entdecken gewesen sein.
Ein großes Geschütz steht im Außenbereich des Museums. Dort, wo das kleine Boot zu sehen ist, liegt normaler Weise das Torpedoboot "T38". Es ist heute noch fahrbereit und wird auch durchaus noch kräftig rangenommen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt unglaubliche 50 Knoten - das sind 80 km/h. Davon gibt es einen sehr schönen Film bei Youtube (siehe unten). Man hört mit guten Lautsprechern die Motoren, schon der Leerlauf sagt, da steckt was hinter ...!
Hier der offizielle Film des Museums:
Motortorpedbåt T 38 - Sveriges häftigaste museifartyg? from Statens maritima museer on Vimeo.
Und hier von einem baugleichen Boot Fahraufnahmen und Sound:
(ab etwa 2:29 dann in Fahrt, zunächst noch "langsam" mit etwa 25 Knoten, dann mehr ... und mehr ... und noch schneller!) Man sieht am Schluß des Films noch die Boots-Bunker, die es an der Küste gab und die in die Felsen gebaut wurden. Hochinteressant!
Hier noch einmal die Karte von Stumholmen:
Hier geht es zum nächsten Beitrag dieser Reihe: Schweden 2016 - Tag 21 - Naturreservat Almö