12.09.2016 - Das ist heute unser letzter Tag auf Öland, aber nur für dieses Jahr. Diese Insel hat uns definitiv verzaubert! Seltsam: ich war 1995 schon einmal hier, habe aber von den ganzen Schönheiten der Insel längst nicht so viel entdeckt oder in Erinnerung. Macht nichts, wir sind fest entschlossen, im nächsten Urlaub hier noch viel mehr Zeit zu verbringen, wenn möglich.
Heute gehen wir nach dem Frühstück noch einmal an den Strand. Überall sitzen Vogelbeobachter, die sich hier schon seit den frühen Morgenstunden mit den charakteristischen Fernrohren tummeln. Vor unserem Wohnmobil ist ein kleiner Hügel, da sitzen eine Menge Leute eingemummelt in der kalten Morgensonne, mit dem Fernrohr die Vogelschwärme fest im Blick.
Auch an den Beobachtungshütten stehen sie, man achte mal auf die Riesen-Optiken von Fernrohr und Kamera bei dem Herrn:
Der Blick durch meine wesentlich preiswertere Optik (die ich dafür aber auch noch bequem tragen kann) zeigt uns eine vielfältige Vogelwelt. "Bitte jeder nur einen Stein!" - könnte hier jemand gerufen haben, hält sich keiner dran, aber egal.
Viele Schwäne sind zwischen all den Übernachtungsgästen unterwegs und suchen ebenfalls nach Nahrung:
Und dann entdecken wir in der Morgensonne Seelöwen! Die sind leider ziemlich weit draußen, weil es auf der Halbinsel wohl noch ein paar Marder und Füchse gibt, jedenfalls werden hier kleinere Jäger immer wieder vertrieben:
Die Schwäne und die Seelöwen kennen sich schon und tummeln sich alle durcheinander - geht ja auch gut, man kommt sich beim Speiseplan auch nicht in die Quere!
Der Leuchtturm wird nun von der anderen Seite angestrahlt und wirkt sehr viel heller als gestern noch. Aber über Nacht wird den wohl kaum jemand frisch gestrichen haben - das kriegen nicht mal Schweden hin!
Zurück an der Westküste beschließen wir den großen Kreis, den wir um Öland gefahren sind. Es ist eher eine sehr lange Ellipse, und an einigen Stellen gibt es in beide Richtungen natürlich nur eine Straße, aber wir sind einmal "rund".
Carlo stellt sich natürlich noch einmal vor einer Reihe Windmühlen in Positur. Ich glaube, diesem Gesichtsausdruck dürfen wir eine tiefe Zufriedenheit mit sich und seinem Rudel entnehmen!
Kurz vor Södra Möckleby fahren wir links ab Richtung Södra Bruket. Hier gibt es die Ruinen einer längst stillgelegten Alaunfabrik zu sehen. Den Eingang bietet eine alte Arbeitersiedlung, die heute anscheinend mit Flüchtlingsfamilien besetzt ist - viel spielt sich draußen ab, viele sind in typischer Kleidung tief verschleiert unterwegs, Kinder spielen überall - uns wird mehrfach freundlich zugewunken.
Erbaut 1804, und um 1900 stillgelegt. Das ist die letzte noch so gut erhaltene Alaunfabrik Schwedens. Der Schornstein ist sehr markant, und dürfte sicher 40 Meter hoch sein.
Von den anderen Gebäuden stehen oft nur noch die Grundmauern, oder die Ruinen sind vollständig unter einem Hügel verschwunden.
Man kann sich aber trotzdem noch die Lage der Gebäude zueinander vorstellen. Viel Platz war hier nicht, auf keinen Fall hätte man die Anlage jemals als "großzügigen Industriebau" bezeichnen können.
Die Steine waren wie fast überall auf Öland keine Ziegel, sondern behauenes Material aus einem der Steinbrüche:
Wie wird nun Alaun hergestellt, und wozu braucht man es?
Herstellung in Alaunwerken (19. Jahrhundert): In einigen Gegenden, beispielsweise bei Schwemsal im heutigen Sachsen-Anhalt (nahe Bad Düben in Sachsen)[4], wurde Alaun aus geröstetem und ausgelaugtem Alaunschiefer hergestellt. Hierbei lieferte das geröstete Schwefeleisen die zur Bildung von Aluminiumsulfat nötige Schwefelsäure und die Tonminerale das Aluminium. Kalium wurde meist als Kaliumkarbonat (K2CO3) (Pottasche) zugesetzt. Die Entfernung des Eisens wurde durch geeignete Wahl der Konzentration der Lösung bewirkt.
(Quelle: Seite „Alaune“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Januar 2017, 00:35 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alaune&oldid=161250442 (Abgerufen: 9. Januar 2017, 18:56 UTC))
Schon dieser Absatz zeigt ("Schwefelsäure"!), dass die Arbeit bestimmt kein rechtes Vergnügen gewesen sein kann.
Verwenden kann man Alaun in der Papierherstellung oder in der Geberei, auch für das Imprägnieren von Stoffen wurde Alaun gebraucht. Im verlinkten Artikel der Wikipedia finden sich noch viel mehr Anwendungsmöglichkeiten, ich brauche das ja wohl nicht alles abschreiben. Die bekannteste Verwendung sei aber erwähnt - als Deostift.
Der Verfall wird inzwischen durch Mörtel zwischen den Steinlagen aufgehalten. Zweifellos waren die Gebäude ursprünglich auch vermörtelt, aber üblicher Weise ist das ja das erste, was an einer Mauer ausgewaschen wird.
Der Schornstein mit dem quadratischen Querschnitt hat einige Eisenklammern für den Aufstieg. Wer hier hochklettert, dürfte eine gute Aussicht auf die Gegend haben. Zur untersten Sprosse muss man aber drei Meter springen, darunter wurden die Klammern entfernt.
Die Form des Schornsteins ist fast klassisches Biedermeier - es ist ein nett anzusehender Bau und nicht einfach nur eine runde Säule. Damals baute man auch in der Industrie noch etwas für das Auge!
Das hier sind übrigens zwei Mauern hintereinander, im Hintergrund die helle Mauer gehört zum Schornstein:
Und auch hier wieder greift sich die Natur ein Stück des Menschenwerks - man sieht es immer wieder. Diese Pflanze hätte es ja am Boden etwas leichter gehabt ...
Irgendwo zwischen Södra Möckleby und Färjestaden (an der 136) liegt diese Kirche. Ich habe sie 20 Minuten nach der vorgehenden Aufnahme fotografiert, kann sie aber auf den Satellitenaufnahmen gar nicht finden. Dort in der Nähe müssten wir auch entsorgt haben, da gab es einen netten Rastplatz ... haben wir leider nicht aufgezeichnet. Egal, die Kirche ist sehr hübsch ...
Zurück geht es über die Brücke aufs Festland. Die Verbindung war an diesem Tag ein wenig mulmig zu fahren, es war viel Wind und das Wohnmobil liegt bei Seitenwind nicht so super auf der Straße. Aber geschafft haben wir es natürlich doch:
Wir fahren durch Örsjö und treffen auf einen weiteren, sehr schönen Kirchenbau direkt an der Kreuzung! Wie sehr viele der schöneren Kirchen in Schweden (also wirklich sehr viele!) hat auch diese einen eigenen Eintrag in der Wikipedia (Svensk)
Hier schon einmal die Karte:
Die Kirche ist nicht einmal sehr alt. Sie erinnert uns ein wenig an die Kirche in Jokkmokk am Polarkreis, die wir zwei Jahre vorher sahen. Ihr Alter ist ähnlich, und auch der Baustil gleicht sich stellenweise trotz der Unterschiede im Grundriß.
Auf dem Turm ist das Kreuz wie ein Blitzableiter geformt und, wie man sieht, es ist tatsächlich einer:
Im Innern ist die Deckenverkleidung handwerklich meisterhaft gemacht - nur den Rauchmelder (sicher dringend notwendig bei so viel verbautem Holz!) hätte man tarnen können ...
Das Altarkreuz gehört zu den schlichten Kreuzen, es wirkt aber umso mehr:
Viele Details verraten, dass sich eine rührige Gemeinde um ihre Kirche kümmert. Die Leuchter sind alle blitzblank und werden wohl regelmäßig geputzt:
Es sind auch frische Blumen im Kirchengebäude. Wir haben etwa Mitte September, und der Herbst beginnt ...
Die Form des Baus ermöglicht dem Licht eine praktisch unbegrenzte Zahl von Möglichkeiten. Das Licht wirkt zu jeder Jahreszeit, in jeder Stunde anders.
Die Außenanlagen weisen sehr alte Gräber aus, einige auch älter als die Kirche, d.h. hier könnte davor eine andere Kirche gestanden haben.
Der sechseckige Bau ist sehr ungewöhnlich (selbst für Schweden).
Wir fahren noch ein Stückchen weiter. Und dann ist der Herbst an einem langgestreckten See einfach so da! In diesen Farben haben wir (das vorweg) Schweden in diesem Urlaub nicht noch einmal gesehen. Vielleicht war es hier mal besonders kalt? Irgendwelche besonderen Bäume? Wer weiß - aber jedenfalls schön!
Gegen Abend erreichen wir schließlich Vissefjärda. Hier möchten wir übernachten - es ist ein Zufallsfund, und wieder mal Glück gehabt beim schnellen Gucken!
Der Glockenturm ist, wie so oft bei skandinavischen Kirchen, leicht abgesetzt. Ich hab das schon mal erklärt, in Kürze: man mußte das Kirchengebäude längst nicht so massiv bauen wie den niedrigen und stämmigen Glockenstuhl am Boden - die verteilte Bauweise sparte Geld. (Was mir noch einfällt: vermutlich kamen dadurch auch die Einwohner leichter an die Glocke und bedienten sich da im Alarmfall? Das müßte herauszubekommen sein!)
Hinter der Kirche führt ein schmaler Weg zu einer Halbinsel, die voll ist mit kleinen Kunstwerken, aber heute ist es schon viel zu dunkel. Und obwohl in dem recht kleinen "Inselpark" kaum noch mit Besuchern zu rechnen ist, brennen hier die Lampen ... ist schön, oder?
Wir stehen auf einem schönen Parkplatz in der Nähe des Gemeindehauses. Es ist warm heute, und ein Kirchenchor übt bei offenen Fenstern. Man muss kein Fan von Kirchenliedern sein, um das einfach als einen schönen Tagesausklang zu empfinden!
Karte von Vissefjärda:
Weiter mit der Reise? Hier bitte, der nächste Tag: Schweden 2016 - Tag 19 - Bis zum Abend nach Karlskrona